Grundlagen Verschluss

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Damit Licht zum Sensor kommen kann, lässt man für genau definierte Zeiträume Licht durch einen Verschluss des eigentlich lichtundurchlässigen Gehäuses zum Sensor durch.

Abbildung 1: Der Verschluss lässt Licht zum Sensor vordringen

Natürlich verhält sich das Licht nicht so, wie in der Abbildung 1 dargestellt, wie ein Plastilin, das man durch ein Loch presst. Was aber schon stimmt, ist dass bei doppelter Öffnungszeit auch doppelt so viel Licht eindringen kann.

Und genau so, sind auch die in Fotoapparaten einstellbaren Zeiten gewählt, es geht jeweils um Verdoppelung/Halbierung der Zeitwerte. Bei modernen Fotoapparaten kann man diese Zeitwertdifferenzen allerdings noch zusätzlich halbieren oder dritteln.

Zeitwerte: Verdoppelung/Halbierung und 1/2 ODER 1/3 Zwischenstufen

Die Abbildung 2 zeigt die möglichen Zeitwerte an, die man bei einem Fotoapparat einstellen kann:

Abbildung 2: mögliche Verschlusswerte eines Fotoapparats

In der jeweils oberen Zeile steht der Zeitwert in Sekunden. Darunter steht dann, wie dieser Wert in einem Fotoapparat dargestellt wird.

Benachbarte dunkelblaue Zeitwerte verdoppeln/halbieren sich jeweils zum nebenstehenden dunkelblauen Zeitwert. Moderne Kameras kann man allerdings noch feiner einstellen. Entweder kann man zusätzliche 1/2-Werte (mittelblau) verwenden für feinere Zeiteinstellungen, oder 1/3-Werte (hellblau).

Praktisch hat man also je nach Einstellung entweder

  • nur die dunkelblaue Skala zur Verfügung (ganze Werte) oder
  • die dunkelblaue mit der mittelblauen Skala (1/2 Werte) oder
  • die dunkelblaue mit der hellblauen (1/3 Werte).

Zwischen den Werten für 1/10000s und 1/8000s ist noch eine Unterteilung sichtbar: Moderne Kameras schaffen die Belichtungszeit von 1/8000s noch mit rein mechanischem Verschluss, kürzere Belichtungszeiten sind derzeit meistens nur rein elektronisch zu erzielen. Zeiten länger als 1/8000s können entweder mechanisch, elektronisch oder einer Mischung aus mechanisch und elektronisch erzielt werden.

Neben den angegebenen Zeitwerten gibt es bei praktisch allen Fotoapparaten die Einstellung „B“ (Bulb). Dabei wird der Verschluss beim ersten Mal drücken geöffnet und beim zweiten Mal drücken wieder geschlossen.

Mittelfristig, wenn die Probleme mit dem „rolling shutter“ (ein Abbildungsfehler des elektronischen Verschlusses, siehe unten bei Abbildung 6) behoben sein werden, wird möglicherweise der mechanische Verschluss genauso abgelöst werden, wie es derzeit dem Spiegel der Spiegelreflexkameras gerade passiert (ist).

Anmerkung: Diese Seiten wurden im Dezember 2020 geschrieben, am 7.11.2023 hat Sony die Alpha 9 Mark iii vorgestellt. Diese Kamera hat „global shutter“, das Ende des „rolling shutter“ hat damit begonnen.

Mechanischer Verschluss, elektronischer Verschluss und Mischformen

Bei spiegellosen Kameras wird das Bild des Sensors auf Displays übertragen. Meistens sind auf der Rückseite der Kameras sowohl ein größeres Display, das man aus einer gewissen Entfernung betrachtet, als auch kleineres Display, das man sich an ein Auge hält.

Abbildung 3: mechanischer Verschluss vor dem Sensor und Displays

Der mechanische Verschluss ist vermutlich der nächste mechanische Bauteil, der der Digitalisierung der Fotoapparate zum Opfer fallen wird. Noch benötigen wir ihn, noch sind die Kamerasensoren beim Auslesen nicht schnell genug für alle Anwendungsfälle. Sein größter Nachteil – neben dem Geräusch – ist, dass er kurzfristig den Sensor abdeckt. Dadurch kommt es zum „black-out“, d.h. das Display kann kurzfristig nicht darstellen, was durch das Objektiv ins Innere eindringt, es wird, weil der Sensor abgedeckt wird, kurzzeitig schwarz.

Beim mechanischen Verschluss (siehe Abbildung 4) wird nach dem Auslösen

  • zunächst der 1. Verschlussvorhang geschlossen und
  • dann der Sensor in den Aufnahmemodus geschaltet (der Sensor wird dazu im Bild rot dargestellt – davor und danach wird der Sensor orangefarben dargestellt – in diesem orangefarbenen Status zeigt der Sensor über eines der Displays „nur“ an, was die Kamera „sieht“).
  • Dann wird der 1. Verschlussvorhang geöffnet,
  • die eingestellte Verschlusszeit abgewartet und danach
  • mit dem 2. Verschlussvorhang den Verschluss wieder geschlossen.
  • Der Speicher-Modus des Sensors wird wieder abgeschaltet (er wird wieder orangefarben), er zeigt wieder nur an, was die Kamera sieht.
  • Die beiden Verschlussvorhänge werden in die Ausgangsposition gebracht.
Abbildung 4: Mechanischer Verschluss

In der Abbildung 5 sind in der oberen Reihe rein mechanische Verschlüsse bei unterschiedlichen Belichtungszeiten dargestellt, in der unteren ein hybrider Verschluss und ein rein elektronischer Verschluss.

Abbildung 5: Verschiedene Verschlussarten

In Abbildung 5 sieht man (am besten die Bilder 1 bis 5 jeweils einzeln betrachten – links immer von vorne betrachtet, rechts seitliche Ansicht):

  1. Mechanischer Verschluss bei recht langer Belichtungszeit
  2. Mechanischer Verschluss bei der Blitzsynchronisationszeit. Sobald der 1. Verschlussvorhang geöffnet hat, schließt der 2. Verschlussvorhang schon wieder. Es gibt keine kürzere Verschlusszeit, bei der der Sensor ganz geöffnet wäre.
  3. Mechanischer Verschluss bei sehr kurzer Belichtungszeit. Der 2. Verschlussvorhang beginnt schon mit dem Schließen, bevor der 1. Verschlussvorhang vollständig geöffnet hat.
  4. Hybrider Verschluss, zB um das „Verwackeln“ durch den 1. Verschlussvorhang zu verhindern. Der Sensor wird ohne 1. Verschlussvorhang elektronisch auf „Aufnahme“ geschaltet (wie in Abbildung 4 beschrieben), aber die Belichtung wird mit dem 2. Verschlussvorhang beendet.
  5. Rein elektronischer Verschluss ohne Verschlussvorhänge.

Der „Rolling Shutter“-Fehler des elektronischen Verschlusses

Solange das absolut gleichzeitige Auslesen aller Sensorpixel nicht gegeben ist (das wäre dann der „global shutter“), gibt es bei rein elektronischem Verschluss noch Bildartefakte wie den „rolling shutter“ (siehe Abbildung 6).

Abbildung 6: Bildfehler „rolling shutter“ eines elektronischen Verschlusses der zeilenweise Pixelinformation ausliest

Auch moderne Kameras weisen diesen Effekt auf. Andernfalls hätte der praktisch geräuschlose, rein elektronische Verschluss viele Vorteile, zB, dass es kein „black-out“ der Diplays mehr gibt.

Abbildung 7: „Rolling Shutter“ als Problem des elektronische Verschlusses (Flügel!)

Blitzsynchronisationszeit

Die Nummer 2 in Abbildung 5 zeigt die Blitzsynchronisationszeit. Es ist die kürzeste Verschlusszeit, wo beide Verschlussvorhänge für einen kurzen Moment vollständig geöffnet sind. Typischerweise ist diese Zeit, je nach Kamera, zwischen 1/125s und 1/300s gegeben.

Fotos die mit einer kürzeren Zeit als der Blitzsynchronisationszeit geblitzt werden, haben üblicherweise einen querlaufenden hellen, im Idealfall richtig belichteten, Streifen in einem ansonsten stark unterbelichteten Foto. Das entsteht, weil unten im Bild der 1. Verschlussvorhang das helle Licht des Blitzes vom Sensor freihält und oben der 2. Verschlussvorhang (Abbildung 8).

Abbildung 8: Blitzen bei Verschlusszeit kürzer als Blitzsynchronisationszeit

Es gibt bei manchen Blitzen auch Modi, bei denen man bei kürzerer Belichtungszeit als der Blitzsynchronisationszeit blitzen kann. Diese zB HSS (Highspeed-Sync, Hochgeschwindigkeit-Synchronisierung) genannten Modi lösen schnell hintereinander kurze Blitze aus, ähnlich einem Stroboskop. Die Blitzleistung dieser Modi ist aber geringer als beim normalen Blitzen.

Bildwirkung kurzer und langer Belichtungszeiten

Bei bewegten Motiven frieren kurze Belichtungszeiten die Bewegung ein, lange Belichtungszeiten lassen ein Verwischen des Motivs zu.

Abbildung 9: kurze und lange Verschlusszeiten bei bewegtem Motiv

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