Papierbelichtungsmesser

Das YouTube-Video zum Papierbelichtungsmesser

Gute Fotos müssen technisch nicht unbedingt brillant sein. Ein spezieller Moment, eine überraschende Perspektive, eine besondere Stimmung und anderes mehr sind wahrscheinlich wesentlich wichtiger als technische Raffinesse.

Moderne Kameras können Fotografinnen und Fotografen wichtige Entscheidungen für Belichtungseinstellungen abnehmen. Dabei sind die Zusammenhänge eigentlich relativ einfach, und auch leicht zu verstehen. Mit dem Grundverständnis der drei wichtigsten Stellgrößen kann man wahrscheinlich bessere Ergebnisse erzielen als die besten Automatiken der Profikameras.

Bitte mache Dir jetzt aus dem Bastelbogen ein eigenes Exemplar des Papierbelichtungsmessers.

Vorder- und Rückseite des Papierbelichtungsmessers (wird alles in der Folge erklärt). Einen Vordruck zum Selberbasteln findest Du hier.

Die drei wichtigsten Stellgrößen der Fotografie

Die drei wichtigsten Stellgrößen einer Kamera sind:

Blende – Belichtungszeit – ISO (Lichtempfindlichkeit)

Diese drei Stellgrößen werden so eingestellt, dass sie mit einer vierten Größe zusammenpassen, dem

vorhandenen Licht.

Blende

Die Blende ist ein in der Größe verstellbares Loch, durch das Licht in die Kamera kommt. Je größer das Loch ist, desto mehr Licht kann rein, je kleiner das Loch ist, desto weniger.

Der Lochdurchmesser der Blende ist so groß wie die Brennweite des Objektivs dividiert durch die Blendenzahl. D.h. je kleiner die Blendenzahl, desto größer der Durchmesser (und umgekehrt).

Belichtungszeit

Die Belichtungszeit gibt an, wie lange das Licht durch die Blende in die Kamera kann. Dafür gibt es einen sogenannten Verschluss. Wenn man die Kamera auslöst, macht der Verschluss zunächst auf, und dann, nach Ablauf der eingestellten Belichtungszeit, auch wieder zu. Wenn er zu ist, kann kein Licht in die Kamera.

ISO (Lichtempfindlichkeit)

Wir lassen das Licht nur in die Kamera, damit es auf eine lichtempfindliche Ebene treffen kann. Früher war dort ein Film, heute, bei den Digitalkameras, ist an der Stelle ein Sensor. Während man beim Film eine bestimmte Lichtempfindlichkeit schon beim Kauf auswählen musste, kann die Lichtempfindlichkeit des Sensors heute – im Rahmen – nach Bedarf eingestellt werden. Man kann sich die Lichtempfindlichkeit wie die der Haut eines Menschen vorstellen. Manche bekommen sehr schnell einen Sonnenbrand (sehr lichtempfindlich), andere weniger schnell (weniger lichtempfindlich).

Eigentlich hat jeder Sensor genau eine (Basis)Empfindlichkeit, bei der er optimal funktioniert. Durch elektronische Tricks kann man diese Empfindlichkeit aber erhöhen oder auch reduzieren. Das hat aber unerwünschte Nebeneffekte, zB das „Rauschen“.

Zusammenspiel Einstellgrößen und Licht

Wie die drei Stellgrößen Blende, Belichtungszeit und ISO miteinander, und gemeinsam mit dem vorhandenen Licht zusammenhängen, kann man auf der Vorderseite des Papierbelichtungsmessers einfach ablesen und damit auch verstehen.

Auf der Rückseite gibt es ein paar Tricks zum Abschätzen der richtigen Brennweite.

Vorderseite des Papierbelichtungsmessers

Anwendungsbeispiel für den Papierbelichtungsmesser

Aufgabe:

Wir haben einen hellen, bewölkten Tag. Schatten sehen wir heute keinen, die Sonne kommt nicht wirklich durch die Wolkendecke.

Wir haben gehört, dass unser Fotoapparat bei ISO 200 (das ist eine bestimmte Lichtempfindlichkeit) die besten Ergebnisse bringt. Also verwenden wir ISO 200.

Welche Blende sollen wir wählen und welche Belichtungszeit?

Lösung:

Schauen wir uns die Vorderseite unseres Papierbelichtungsmessers an, dann sehen wir, dass ganz oben verschiedene Lichtsituationen beschrieben sind. Ein wenig darunter finden wir unter anderem eine orangefarbene Skala mit ISO-Werten für die Lichtempfindlichkeit, eine rote Skala für Blendenwerte und ein blaue Skala für die Belichtungszeiten. Die Skalen auf dem weißen Hintergrund (ISO und Blende) können gegen die Skalen auf dem grauen Hintergrund verschoben werden.

Die Vorderseite unseres Papierbelichtungsmessers. Ganz oben in schwarzer Schrift und von rechts zu lesen eine Beschreibung möglicher Lichtsituationen. Jede Lichtsituation steht über einem gelben Pfeil. Die Zahlen in den gelben Pfeilen interessieren uns im Moment nicht. Ganz unten in schwarzer Schrift eine Faustregel gegen verwackelte Bilder. Darüber blaue Pfeile, die Belichtungszeiten darstellen. Wie auch bei den meisten Kameras bedeuten die Werte von ganz links „4000“ bis „2“, dass es sich hier um Zeiten von 1/4000s bis 1/2s handelt. Ab 1 Sekunde kriegen die Belichtungszeiten als Kennzeichnung ein ″-Symbol, ganz rechts steht also 4″ = 4s. Über der blauen Skala ist eine rote Skala auf weißem Grund für die Blende(nzahl). Und über der roten Skala ist eine orangefarbene Skala für die ISO-Wertel, also die Lichtempfindlichkeit. Die Skalen auf weißem Hintergrund sind gegenüber den Skalen auf grauem Hintergrund verschiebbar.

1. Schritt: Lichtsituation und ISO-Wert zur Übereinstimmung bringen

Wir bringen die vorhandene Lichtsituation „heller bewölkter Tag (kein Schatten)“ und den ISO-Wert, den wir verwenden wollen, also „ISO 200“, zur Überlappung. Dafür verschieben wir den inneren Teil des Papierbelichtungsmesser nach links, bis die orangefarbene „ISO 200“-Markierung den gelben Pfeil mit der Zahl 13 berührt, der hier für „heller, bewölkter Tag (keine Schatten)“ steht.

Einstellen des Papierbelichtungsmessers

2. Schritt: Ablesen der möglichen Blendenwerte und Belichtungszeiten

Nachdem wir den Papierbelichtungsmesser auf die Lichtsituation und die gewünschten ISO eingestellt haben, können wir paarweise die möglichen passenden Blenden (rote Markierungen) und Belichtungszeiten (blaue Markierungen) ablesen.

Wenn der Papierbelichtungsmesser entsprechend eingestellt ist, brauchen wir nur die Paare aus Blende und Belichtungszeit ablesen.

Ganz offensichtlich sind folgende Kombinationen aus Blende und Belichtungszeit möglich:

Blende(nzahl)2.02.845.68111622
Belichtungszeit1/4000s1/2000s1/1000s1/500s1/250s1/125s1/60s1/30s
Mögliche Kombinationen aus Blende(nzahl) und Belichtungszeit entsprechend der vorhandenen Lichtsituation und dem gewählten ISO-Wert. Die Blendenzahl gibt den Durchmesser des Lochs in der Blende an und zwar im Verhältnis zur Brennweite. Bei einem Objektiv mit Brennweite 100mm ist der Lochdurchmesser 100mm/Blendenzahl. D.h. je größer die Blendenzahl ist, desto kleiner ist das Loch der Blende

Betrachtet man den Papierbelichtungsmesser genauer, dann gibt es zwischen den oben angeführten Werten offensichtlich noch anderen Paare die passend wären. Unser Papierbelichtungsmesser kennt nicht nur ganze Werte, sondern auch 1/3-Werte. Hier ein paar weitere mögliche Kombinationen:

Blende(nzahl)3.54.556.3913
Belichtungszeit1/1250s1/800s1/640s1/400s1/200s1/300s
Weitere mögliche Kombinationen aus Blendenzahl und Belichtungszeit wenn man auch 1/3-Werte zulässt. In der Regel kann man in der Kamera einstellen ob sie ganze Belichtungs-Werte, 1/2-Werte oder 1/3-Werte zulässt. Der Papierbelichtungsmesser ist für 1/3-Werte ausgelegt.

3. Schritt: Auswahl des richtigen Paares aus Blendenzahl und Belichtungszeit

Alle im 2.Schritt angeführten Paare aus Blendenzahl und Belichtungszeit führen zu einer richtigen Belichtung. Die Ergebnisse die man damit erzielen wird, unterscheiden sich dabei aber zum Teil recht deutlich.

Auf der Vorderseite des Papierbelichtungsmessers wird das mit den 3 Pfeilen rechts und den Worten „Rauschen“, „Schärfentiefe“ und „Bewegung“ angedeutet. Hier wird gezeigt, wie die 3 wichtigsten Einstellgrößen ISO (Lichtempfindlichkeit) – Blende – Belichtungszeit das Ergebnis beeinflussen.

Auf der Rückseite des verschiebbaren inneren Teils des Papierbelichtungsmesser ist das noch deutlicher zu sehen:

Auswirkung der 3 wichtigsten Einstellgrößen ISO – Blende – Belichtungszeit auf das Ergebnis auf der Rückseite des inneren Teils des Papierbelichtungsmessers
EinstellgrößeAuswirkung auf
BelichtungszeitBewegungsunschärfe
Werden Bewegungen „eingefroren“ (kurze Belichtungszeit) oder erscheinen Bewegungen „verwischt“ (lange Belichtungszeit)
Blende(nzahl)Schärfentiefe
Wie groß ist der Bereich, der in die Tiefe des Bildes geht, der noch scharf dargestellt wird? Ist der Bereich groß (große Blendenzahl, d.h. kleiner Lochdurchmesser der Blende) oder ist er klein (kleine Blendenzahl, d.h. großes Loch)
ISO-Wert Rauschen
Die Lichtempfindlichkeit eines Sensors kann durch elektronische Tricks erhöht werden. Der Preis den man dafür zahlt, sind einzelne Bildpunkte (Pixel), die in der falschen Farbe und/oder in der falschen Helligkeit erscheinen. Diesen Effekt nennt man „Rauschen“. Die ebenfalls elektronische Reduktion der Lichtempfindlichkeit bringt kein besseres Rauschverhalten, hat aber andere Nachteile (trotzdem braucht man das manchmal, zB an besonders hellen Tagen)
Auswirkung der Einstellgrößen auf das Foto

Wenn man eine zu lange Belichtungszeit wählt, dann kann das Bild „verwackeln“. Das ist eine spezielle Bewegungsunschärfe, nämlich die der Kamera. Ob ein Bild verwackelt oder nicht, hängt natürlich auch vom Geschick des Fotografen ab, davon ob die Kamera vielleicht einen Verwacklungsschutz eingebaut hat („Bildstabilisator“) oder welche Brennweite das Objektiv hat. Selbst bei der Verwendung von Stativen kann ein Bild unter Umständen verwackeln.

Eine Faustformel gegen das Verwackeln von Bildern ist unten auf der Vorderseite des Papierbelichtungsmessers angegeben.

(Aus-)Wirkung der drei Hauptparameter Belichtungszeit, Blende, ISO

Nachdem Du die folgenden Absätze gelesen hast (oder davor), kannst Du Dir das auch praktisch an Fotos ansehen.

Belichtungszeit

Aber wann benötigt man jetzt welche Belichtungszeit? Bevor wir uns das ansehen, müssen wir noch verstehen, wie die Belichtungszeiten angegeben werden. Das siehst Du ganz gut hier:

Die Angabe der Belichtungszeit ist nicht ganz konsistent. Sie wird bei Werten kleiner als eine Sekunde anders angegeben als bei Werten größer als eine Sekunde.

Wenn wir ein bewegtes Motiv haben, dann müssen wir uns überlegen, ob wir das Bild „einfrieren“ wollen (= kurze Belichtungszeit) oder ob wir Verwischungseffekte zulassen wollen (= lange Belichtungszeit). Nehmen wir als Beispiel ein sich drehendes Riesenrad:

Ein Riesenrad als Beispiel für ein sich bewegendes Motiv

Mit kurzer Belichtungszeit frieren wir die Bewegung ein (links), mit langer Belichtungszeit akzeptieren wir ein Verwischen (rechts).

Mehr zu zB Verschlussarten und auch dem „rolling shutter“-Effekt bei rein elektronischem Verschluss findest Du hier.

Die Blende(nzahl)

Bei den allermeisten Fotoapparaten wird die Größe des Lochs in der Blende mit einer Irisblende verstellt. Je größer die Blendenzahl, desto kleiner das Loch in der Blende und umgekehrt. Hier wie das mechanisch funktioniert und wie es sich auf das Foto auswirkt:

Die einzelnen Lamellen der Irisblende werden mechanisch verstellt. Rechts angedeutet die Wirkung auf die Schärfentiefe: Kleine Blende (hohe Blendenzahl) ergibt höhere Schärfentiefe, große Blende (kleine Blendenzahl) ergibt geringere Schärfentiefe

Je kleiner das Loch in der Blende, desto größer die Schärfentiefe (der „Tiefen“-Bereich, der am Bild scharf erscheint). Es gibt noch andere Faktoren, die die Schärfentiefe beeinflussen (z.B. Entfernung und Brennweite) und es gibt auch Unschärfen, die bei zu kleiner Blende (= zu großer Blendenzahl) entstehen.

Während man in den meisten elektronischen Suchern an der Helligkeit des Bildes erkennt, dass man die Blende verstellt, sieht man die Wirkung auf die Schärfentiefe normalerweise nicht automatisch. Die meisten Fotoapparate haben dafür eine eigene Taste, die „Abblendtaste“. Diese drücken, und man sieht auch die Wirkung auf die Schärfentiefe.

ISO

Jeder Sensor hat eine gewisse Lichtempfindlichkeit. Physikalisch funktioniert das so, dass eine elektrische Spannung entsteht, wenn Licht am Sensor auftrifft („innerer Photoeffekt“) – eigentlich an einer bestimmten Stelle am Sensor, den Pixeln. Je mehr Licht, desto höher die elektrische Spannung.

So ein Pixel ist prinzipiell farbenblind. Damit aber auch Farben „gesehen“ werden können, wird vor jedes Pixel ein Farbfilter gelegt. Dieser Filter ist entweder rot, grün oder blau (RGB). D.h. pro Sensor gibt es Pixel die nur das rote Licht messen, andere das grüne und wieder andere das blaue Licht. Am Schluss setzt man dann die drei Teilbilder für rot, grün und blau wieder zusammen.

Das Verhältnis der Pixel verschiedener Farben ist rot:grün:blau = 1:2:1. Für die Verteilung dieser Filter gibt es verschiedene Muster, bei den meisten Fotoapparaten kommt eine Anordnung zum Einsatz die Bayer-Filter (Hr. Bayer war ein Mitarbeiter der Firma Kodak) heißt (siehe auch hier).

Die Lichtempfindlichkeit kann mit ein paar elektronischen Tricks scheinbar verstellt werden. Z.B. in dem man die Spannung, die durch das Auftreffen des Lichts am Sensor entsteht, künstlich verstärkt. Dadurch entstehen aber zufällige Fehler, diese Fehler nennt man „Rauschen“.

Zufällige (Pixel-)Fehler, „Rauschen“, durch elektronische Verstärkung der Lichtempfindlichkeit des Sensors. Entscheidend dafür ist der hier orangefarben dargestellte ISO-Wert der deutlich erhöht wird im Vergleich zum Basiswert von zB ISO200. Die Belichtungszeit (hier blau) wird nur angepasst, damit das Bild nicht insgesamt heller oder dunkler wird.

Während man also mit den Einstellparametern Blende und Belichtungszeit das in der Kamera eintreffende Licht „echt“ beeinflusst, ist die ISO-Einstellung eigentlich nur ein elektronischer Trick. Am besten (größter Dynamikumfang bei geringstem Rauschen) funktioniert der Sensor bei seiner Basisempfindlichkeit.

Mit Dynamikumfang ist der Wertebereich gemeint, der zwischen dem kleinsten Lichtwert bei dem der Sensor samt Elektronik anspricht (wie dunkel darf es sein) und dem höchsten Wert (wie hell darf es sein), der noch sauber verarbeitet werden kann, liegt.

Einen guten englischen Artikel zu ISO findet man hier.

Rückseite des Papierbelichtungsmessers

Die Rückseite des Papierbelichtungsmessers hat auch ein paar nützliche Informationen.

Rückseite des Papierbelichtungsmessers: Eine Tabelle zum Abschätzen des Bildwinkels den eine bestimmte Brennweite hat, rechts davon eine Methode zum Abschätzen eines Winkels. Darunter eine Methode die Entfernung abzuschätzen und die 500er-Regel gegen verwischte Sternenspuren bei Fotos des Nachthimmels.

Die Optik eines Objektivs ist unabhängig vom Sensor, auf den das Licht trifft. Allerdings ist der Bildausschnitt, der am Sensor abgebildet werden kann (und den man damit zB am Display des Suchers sieht), natürlich von der Sensorgröße abhängig. Kleinere Sensoren können nur weniger abbilden als größere Sensoren. Auch haben nicht alle Sensoren das gleiche Verhältnis zwischen Breite und Höhe, daher ist ein direkter Vergleich oft schwierig.

Die auf der Rückseite abgebildete Tabelle gibt für verschiedene Objektivbrennweiten an, welche Winkel (bezogen auf die Breite und die Höhe verschiedener Sensoren) man noch abbilden kann.

Die Skizzen unter der Tabelle sollen dabei helfen Winkel abzuschätzen (die Wirkung von Brennweiten siehst Du hier).

Die Sensordiagonale eines MFT Sensors ist halb so lang wie die eines Kleinbildsensors (KB-Sensor). Daher ist der diagonale Bildwinkel eines MFT Sensors einer Brennweite f, genau so groß wie der diagonale Bildwinkel eines KB-Sensors mit Brennweite 2 * f, also doppelter Brennweite. Aus diesem Grund wird oft gesagt, z.B. 300mm auf einem MFT-Kamera sind wie 600mm auf einer Kleinbild-Kamera. Die Wirkung einer Brennweite ist aber in vielen Aspekten unabhängig von der Sensorgröße, daher ist das eigentlich falsch. Schematisch ist das im nächsten Bild angedeutet, oder Du folgst dem Link, um Dir anzusehen, wie das in der Praxis aussieht.

Anwendungsbeispiel für die Auswahl der richtigen Objektivbrennweite

Aufgabe:

Du entdeckst in einiger Entfernung eine sehr schöne Kirchturmuhr. Du würdest sie gerne möglichst formatfüllend fotografieren ohne etwas davon „abzuschneiden“. Näher kommst Du nicht an die Uhr, andere Gebäude stehen im Weg. Direkt vor der Kirche passt der Winkel nicht.

Im Moment hast Du Dein 12-40mm Zoomobjektiv an Deiner Kamera mit MFT Sensor montiert. In Deiner Fototasche hast Du noch ein weiteres Zoomobjektiv, das 40-150mm und ein Objektiv mit fixer Brennweite von 300mm.

Welches Objektiv nimmst Du?

Lösung:

1. Schritt: Winkel bestimmen

Von Deinem Standort aus streckst Du den Arm in Richtung des Kirchturms, schließt ein Auge und versuchst mit Hilfe der Skizzen den entsprechenden Winkel abzuschätzen.

Die Uhr ist mit der Methode fast „eine halbe Faust“ breit und auch hoch. Du schätzt, dass das etwas weniger als 5° Blickwinkel sind.

2. Schritt: Mögliche Brennweite aus dem Winkel bestimmen

Da Du eine MFT-Kamera hast, suchst Du in der entsprechenden Spalte der Tabelle (die zweite) nach 5°.

Du siehst, dass das für die Höhe des Sensors bei 150mm Brennweite steht. Schon die nächste Brennweite, 200mm, wäre wahrscheinlich zu lang. Die 5° Höhe gingen sich dann nicht mehr aus.

Damit ist klar, Dein 300mm Objektiv ist jedenfalls zu lang, Du montierst Dein 40-150mm Objektiv.

Innenseite des Papierbelichtungsmessers.

Dass bei doppelter Belichtungszeit doppelt so viel Licht zum Sensor kommt kann man sich ganz gut vorstellen.

Bei den ISO-Werten ist das so ähnlich. Doppelte ISO-Werte bedeuten doppelte Lichtempfindlichkeit. Das muss man halt wissen, aber die Skala ist bewusst so gewählt worden.

Eigentlich gibt es nicht nur diese eine lineare Skala in der entsprechenden Norm (ISO 5800), sondern auch eine logarithmische, aber die lineare Skala hat sich durchgesetzt.

Aber dass das bei den Blendenzahlen genauso ist, kann man nicht auf den ersten Blick erkennen. Ein bisschen versteckt findet man die Erklärung dafür auf der Innenseite des Papierbelichtungsmessers.

Das ist die Innenseite des Papierbelichtungsmessers und zwar der verschiebbare Teil. Zusammengebaut sieht man nur die Skalen für die ISO-Werte und die Blende(nzahl). Rechts unten ist beschrieben, warum die Blendenwerte so sind, wie sie sind.

Die (verstellbare) Größe des Lochs in der Blende des Fotoapparats wird durch die Blendenzahl angegeben. Der Durchmesser des Lochs der Blende = Brennweite / Blendenzahl und deshalb gilt:

Je größer die Blendenzahl, desto kleiner das Loch der Blende

Die „Blendenreihe“, so wird die Zahlenfolge der Blendenzahlen genannt, lautet:

1 – 1.4 – 2 – 2.8 – 4 – 5.6 – 8 – 11 – 16 – 22

In Wirklichkeit sind das gerundete Zahlen, die sich immer durch Multiplikation mit der Wurzel aus 2 ergeben. Die Wurzel aus 2 ist 1,414213…, grob gerundet also 1,4. In englischer Schreibweise wird der Punkt als Komma verwendet, also steht dann dort 1.4.

Warum aber nimmt man die Wurzel aus 2?

Die Blendenzahlen sind so gewählt, dass die Fläche der Blendenöffnung der nächstgrößeren Blendenzahl (der Blendenreihe) nur die halbe Fläche hat.

Das hat mit der Formel für die Fläche des Kreises zu tun, auch wenn streng genommen, die verstellbare Größe des Lochs der Blende meist gar kein Kreis ist.

Blende(nzahl)2.02.845.68111622
Belichtungszeit1/4000s1/2000s1/1000s1/500s1/250s1/125s1/60s1/30s
Mögliche Kombinationen aus Blende und Belichtungszeit entsprechend der vorhandenen Lichtsituation und dem gewählten ISO-Wert.

Es ist also kein Zufall, dass beim Beispiel von oben die Belichtungszeit der nächstgrößeren Blendenzahl immer genau die Hälfte der Belichtungszeit der ursprünglichen Blendenzahl war. Die Lichtmenge ist jeweils immer die gleiche. Kann man sich auch gut vorstellen, bei doppelter Größe der Blendenöffnung brauche ich den Verschluss nur halb so lange offen lassen, dass gleich viel Licht beim Sensor ankommt.

Sonst findet man auf der Innenseite noch Drop-Faktoren für ein paar Sensorgrößen, eine kurze Anleitung und einen Link zum Download der Bastelanleitung.

Funktioniert ein „echter“ Belichtungsmesser auch so wie der Papierbelichtungsmesser?

Ein „echter“ externer Belichtungsmesser, also ein Belichtungsmesser der zum Beispiel an einem Band um den Hals getragen werden kann und nicht in einer Kamera verbaut ist, der funktioniert so ähnlich wie der Papierbelichtungsmesser.

Ein externer Belichtungsmesser funktioniert so ähnlich wie unser Papierbelichtungsmesser. Oben in der Mitte sieht man so eine Kunststoffkuppel, die Kalotte, dahinter wird das vorhandene Licht gemessen. Das entspricht in etwa unserer Beurteilung der „vorhandenen Lichtsituation“ beim Papierbelichtungsmesser.

Statt dem subjektiven Beurteilen der „vorhandenen Lichtsituation“ am Papierbelichtungsmesser, wird hinter einer Art Kunststoffkuppel die vorhandene Helligkeit gemessen. Der Rest, das Zusammenspiel von ISO, Blende und Belichtungszeit ist gleich wie beim Papierbelichtungsmesser.

Der Belichtungsmesser in einem Fotoapparat funktioniert eigentlich grundlegend anders, selbst wenn es die technisch gleichen Komponenten wären. Der Fotoapparat kann nur messen, welches reflektierte Licht in der Kamera auftrifft.

Da die Kamera aber nicht wissen kann, ob das Licht von einer weißen Fläche (viel Reflexion), oder von einer schwarzen Fläche (wenig Reflexion) kommt, muss die Kamera immer einen Mittelwert annehmen. Sie „denkt“ sich, das Licht kommt immer von einer „mittelgrauen“ Fläche und stellt die Werte entsprechend ein.

Die Konsequenz ist, dass ohne entsprechender Korrektur zB weiße Schneeflächen zu dunkel belichtet werden und daher grauer werden und dunkle Fächer zu hell belichtet werden und daher ebenfalls grau werden.

Natürlich gibt es dagegen Tricks, zB den Einsatz einer Graukarte. Man hält dann der Kamera eine „Fläche“ hin, die so beschaffen ist, wie die Kamera ohnehin „glaubt“, dass die Welt ausschaut. Dann misst sie auch richtig.

JPEG oder RAW?

Auch dass man für JPEG-Fotos idealerweise anderes belichtet als für RAW-Fotos werden wir jetzt nicht im Detail besprechen. Nur soviel:

JPEGs sind recht unflexibel in der Nachbearbeitung, da muss alles gleich passen, auch zB der Weißabgleich (Berücksichtigung der vorhandenen Lichtfarbe), den wir noch nicht erwähnt haben.

Bei RAW erzielt man die besten Werte im Endergebnis wenn man leicht überbelichtet (nach „rechts belichtet“) und dann in der Nachbearbeitung diese Überbelichtung wieder korrigiert. Den Weißabgleich macht man bei RAW ebenfalls in der Nachbearbeitung. Das Ergebnis der Nachbearbeitung am Computer ist wiederum ein leicht lesbares Bildformat, wie zB eben JPEG, das von fast jedem Computer gelesen werden kann.

Bei JPEG wird der vorhandene Dynamikumfang des Sensors (der ohnehin deutlich kleiner ist, als der des menschlichen Auges) auf einen nochmals kleineren Wertebereich abgebildet. Dadurch geht Bildinformation verloren. Das RAW-File enthält die ursprüngliche Information, die Sensor und Elektronik ermittelt haben, ist daher flexibler in der Nachbearbeitung (siehe auch hier).

Ich selbst fotografiere (fast) nur in RAW und mit manuellen Einstellungen, außer beim Fokus, da verlasse ich mich gerne auf den Autofokus. Aber auch nicht immer.

Möglicherweise ist für Dich auch interessant Automatik-Einstellungen in der Fotografie zu lesen.

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